# Es regnet in Shabranka

## Es regnet in Shabranka


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Vom Rückzugsort des Fürsten Enloas aus bricht die Truppe Nachrichten aus der Gegend südöstlich von Bronnigar auf. Unterwegs begegnen sie fahrenden Händlern, die ihnen eine Mitnahme auf den holprigen Gefährten anbieten. Sie kommen in das nahe Dorf Shabranka. Jäh ein Ort großer, böser Tempel, deren geschleifte, überwuchtere Reste auf einer großen, ovalen Waldlichtung liegen, ist er immer noch erfüllt voll magischer Energie und birgt ein unglaubliches Geheimnis. Wird die Truppe die Statue entdecken und ihren Zweck verstehen? Werden Sie die Wache verschlafen und von Dämonen überfallen. Wird Dagh die Spuren richtig deuten? Dies alles und noch viel mehr im neusten Abenteuer von Aindor ...


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### Ankunft im Dorf

Eine Woche ist auf dem Sitz des Fürsten [[Enloas|Enloas]] vergangen. Der vergangene Schrecken liegt noch vor Augen, aber längst nicht auf dem Gemüt aller. Einzig die Schwester Enloas' lässt sich Tag um Tag entschuldigen und verweilt, wohl in Schwermut und gefühlter Leere in ihrem Gemach. Die Abenteurer genießen derweil die Gastfreundschaft des Fürsten, der sie zunächst von seinen Sorgen unbehelligt lässt. Dennoch die Welt dreht sich weiter.

Eine Taubenbotschaft rührt nicht nur den Verhau in einem der Türme auf, sondern auch das Gemüt des Fürsten auf seinem Thron so sehr, dass selbst die Gruppe davon erfährt. Ihren Fragen kann er nicht mehr ausweichen und so erfahren sie: Im Südwesten unterhält der Fürst Köhlereien in seinen Ländern. Doch von einem Tempel von Novad, dem Lichtbringer, kam nun Kunde, dass Unholde und zottige Wesen gesehen wurden, die ein nahegelegenes Dorf überfallen haben. Die Kohle ist ein wichtiges Einkommen für das Haus [[Tribera|Bronnigar (Adel]]#Tribera) und so sorgt sich der Fürst um den Machterhalt seines Hauses nach der erst kürzlich versuchten Entführung. Dennoch mag er nicht direkt die Gruppe beauftragen. Bereitwillig verweist er sie an seinen Jäger Isromir, um Näheres von der Gegend zu erfahren, den sie bereits gut kennengelernt haben. Sollten Sie keinen näheren Auftrag ihr eigen nennen, als gegen das Böse auszuziehen, wie [[Elara|Elara]] es als ihre heilige Pflicht sieht, so täten sie vielleicht gut, in diese Gegend aufzubrechen. Sie stimmen zu.

Der Rückzugsort verfügt nur über wenige Pferde, die der Fürst ungern teilen möchte, da er ihrer im Falle einer notwendigen Flucht sicherlich dringend bedarf. So bricht die Gruppe nur mit einem Lastpferd ausgestattet, aber mit ausreichend Decken, Zelten und Nahrung bepackt, auf. Vor der Toren der Trutzburg an diesem noch recht frühen Morgen regnet es. Der Jäger weist Ihnen eine Anhöhe, nass und glitschig, von der er ihnen die Gegend erklärt. Hügeliger wird es im Süden und feuchter durch die zunehmende Nähe zum Meer. Der strömende Regen wirkt ihnen dabei wie ein Wegweiser, ein Hinweis, auf was noch kommen wird. Viel Gras, dichter werdender Wald wird ihnen begegnen. Ein Trampelweg führt an der steinigen, langsam aufragenden Anhöhe vorbei und trifft nach einigen Stunden auf einen Weg, der ausgeschürft von den großen Wagenrädern der Händler, sie bis Shabranka bringen wird. In mittelbarer Nähe des Dorfes befindet sich der Tempel, für dessen Priester [[Faluel Mori|Faluel Mori]] Elara ein versiegelter Brief mitgegeben wurde, der ihm das ihnen zugetragene Vertrauen des Fürsten beweist.

Sie erinnern sich noch an die Worte des Jägers, als sie den kaum getretenen Weg entlangtrotten, von Pfütze zu Pfütze, von nass zu nässer. Fünf Gestalten in dichte Umhänge gehüllt, ein Pferd hintendrein, die sich in einer Reihe durch das dichte Gras bewegen. Aber der Regen findet immer irgendwie einen Weg vorbei am dicken Filz, an Krempen, Säumen und festen Knöpfen. Er rinnt Nacken herab, nackte Arme entlang und erschallt schmatzend in den Stiefelschäften. Der Himmel hängt tief über ihnen, als wolle er sie erdrücken. Am späten Nachmittag treffen sie schließlich auf die Gabelung, wo der Trampelpfad auf die größere Handelsstraße stößt. Doch dieser ist kaum besser. In den Rinnen, die die Wagenräder gegraben hatten, hatten sich tiefe Pfützen gesammelt, so dass die Gruppe das hohe Gras vorzieht. Die Zeit im Glas der Sanduhr verrinnt wie die tausend und abertausend Tropfen, die der Himmel gen Erdboden schickt. Schließlich wird es Abend. Man merkt kaum, dass es dunkler wird, da entdeckt die Gruppe einen kleinen Buchenhain unweit des Weges, unter denen sie etwas Schutz vor dem ständigen Dripdrop suchen wollen. Man schlägt Zelte auf und Dagh hält die erste Wache. Er setzt sich gegen den Stamm eines Baumes und wartet. Außer dem Regen scheint zunächst nichts zu passieren, da hört er ein Trippeln über sich. Erschrocken fährt er auf! Er erblickt ein Eichhörnchen hoch über ihm auf einem Ast. Es guckt ihn nicht minder voller Schrecken an, lässt die Nuss fallen und huscht davon. Die Nuss trifft [[Dagh|Dagh]] mitten zwischen den Augen, woraufhin er sich schüttelt und sich erneut von der bedrückenden Atmosphäre der triefenden Umgebung einfangen lässt.

Am nächsten Tag \-- er scheint so ganz und gar derselbe wie der gestrige zu sein \-- brechen sie auf und stapfen erneut am Rand der Handelsstraße entlang. Sie müssen nicht lange gehen, da entdecken sie hinter sich eine Gischtwolke, die sich auf derselben Straße wie sie auf sie zu zu bewegen scheint. Sie glauben, das müde Mühen von Rindern zu hören. Oder sind es Bestien auf der Jagd? Sie verbleiben am Wegesrand und warten ab. Es sind Händler! Die Hoffnung, die der Jäger in ihnen säte, geht auf. Zehn Wagen auf riesigen Mühlrädern von je zwei Ochsen gezogen kommen immer näher auf sie zu und fahren dann einer nach dem anderen an ihnen vorbei, ohne anzuhalten, ohne sie zu beachten. Doch ein jeder spritzt gehörig den schlammigen Matsch aus den tiefen Pfützen der Straße auf, so dass beim vorletzten Wagen von wahrlich oben bis unten durchnässt sind. Der Händler hält an und lacht. Es ist ein beleibter, rothaariger Kerl in grünem Wams, mit der Peitsche in der einen und den Zügeln in der anderen, der da auf dem Kutschbock sitzt. Er trägt eine große Mütze, die scheinbar dem Regen gewachsen ist und heißt [[Jeremias Jaentsch|Jeremias Jaentsch]]. Er nimmt sich ein Herz und die Gruppe darf bei ihm und seinen Sohn Jonas aufsitzen, der den letzten Wagen der davon eilenden Kolonne führt. Er beginnt recht bald einen schwatzhaften Ton über das Wetter, die Warenlage, den Pass im Norden und die Schönheit seiner Frau anzuschlagen, so dass sich der Tag neigt und man nahe des Abends auf eine lange Biegung im Weg stößt. Die Hügel südlich, also zu ihrer linken, haben sich merklich genährt, von rechts hat sich ein schlängelnder Bach durch die grasigen Lande herangepirscht. Man begreift, dass voraus die Hügel wahrlich beginnen. Kaum weitergefahren, schon findet sich der Weg Schulter an Schulter mit Hand und Schlucht. Aus letzterer ertönt urplötzlich ein dumpfer, den Regen durchreißender Schrei. Ruckartig hält man an und forscht nach. Als leichteste lehnt sich die Gnomin Wimbell an Seilen gesichert über den glitschigen Rand der Schlucht, erspäht jedoch erst nach mehreren vergeblichen Versuchen zehn Meter tiefer eine ähnlich große Gestalt, die abgestürzt zu sein scheint. Mit Glück im Unglück ist sie jedoch in den reißerischen Fluss, sondern auf ein kurzes Stück sandiges Ufer zwischen Felswand und tobendem Wasser gelandet, bäuchlings wie es scheint, denn ein lederartiger Umhang bedeckt sie gänzlich. Mutig seilt sich Wimbell hinab und hievt artistisch balancierend und mit vereinten Kräften der anderen einen verletzten Halbling die Felswand hinauf, dem noch die Luft zum Antworten fehlt. Zurück dem sicheren Boden des Weges stellt man fest, dass es doch kein Bruch, sondern nur eine Verstauchung am Bein und einige geprellten Rippen sind. Letztere aufgrund der Vielzahl kleiner Messer, die der Dieb wurfbereit am Leib zu tragen pflegt. Er wird auf dem Lastpferd verschnürt und die beiden Wagen setzen ihre Reise fort. Der Weg macht kurz darauf eine weitere Biegung und überquert die reißerische Schlucht auf einer etwas wackeligen Holzbrücke, die trotz Knarzen, Knacksen und vieler Stoßgebete Stand hält und gleichzeitig Dagh hervorragende Aussicht gewährt, so dass er deutlich das tiefer gelegene Becken, angefüllt von einem dunstig, diesig, dunklen Wald, erblicken kann, direkt westlich vom Dorf. Kurz darauf teilt sich der Weg. Der Händler und sein Sohn biegen nach rechts ab, zum Dorf und seinem Haus, wo die Gruppe in der wohligen Heimstatt von Jeremias die nasse Kleidung trocknen und die Strapazen der Reise bei einer warmen Suppe vergessen kann.

Im Dorf angekommen erfährt man schon bald mehr über die kürzlichen Überfälle. Zottelige Wesen waren aus dem nahen Wald gekommen, hatten Kohlenkeller aufgebrochen und Säckeweise fortgeschafft. Als die Gruppe neugierig ungläubig bei einem Nachbarn fragen geht -- es ist das Haus von Gustav Brock, einem bekannten Köhler -- weiß die gute Seele des Hauses jedoch nur in Bruchstücken zu wiederholen, was man ohnehin schon weiß, um sich dann über Gebühr rasch hinter zufallender Türe zu entschuldigen, des Bratens im Suppentopf wegen. Dabei könnte man meinen, dass dieser ruhig auch einige Minuten vor sich hin köcheln könnte. Es hilft nichts, die Gruppe muss sich selbst ein Bild machen. Doch wovon? Elara zieht es mit der Inbrunst der Pflichterfüllung gen Tempel, um Enloas Brief abzuliefern. Doch wozu? Um zwei Tage und zwei Tage zurück für ein Stück Papier zurückzulegen, wo die Gefahr doch direkt am Dorfeingang zu beginnen scheint. Thouby ist noch zu sehr mit seiner Amnesie beschäftigt, möchte aber zumindest seine verlorene Ausrüstung vom Flussufer zurückholen. Dagh will wiederum seinem Namen Ehre machen und in den Wald laufen, um dort nach dem Rechten zu sehen. Schließlich einigt sich die Gruppe und man macht sich auf in den Wald. Südlich aus dem Dorf hinauf führt der Weg, den die Köhler oft mit ihrem Karren nehmen, um das zum Trocknen gelagerte Holz zu den Meilern am Fluss nahe der Schlucht zu bringen. Der Wald begrüßt sie kalt und feucht. Der breite Pfad schlängelt sich lose zwischen den dunkelrindigen Baumstämmen hindurch, hoch über ihnen thronen die Wipfel, aus denen schwere, dicke Tropfen fallen und ihm nadelübersäten Erdboden versinken. Dennoch ist diese abseits des Wegs aufgeweicht und leicht morastig. Überall wachsen verstreute Büsche, die sich an das schummrige Zwielicht gewöhnt haben müssen. Nach wenigen Stunden hat die Gruppe zu Fuß den Wald durchquert und bestaunt die aufgetürmten Hügel nahe dem reißerischen Fluss. Einige qualmen und sind offensichtlich heiß. Aber weit und breit sieht man keine Gestalt. Also bewegt man sich weiter zur Stelle, an dessen gegenüberliegender Seite Thouby die Felswand abgestürzt war. Doch die Böschung ist hier struppig und dornig und der Fluss selbst macht ein direktes Erlangen unmöglich. Da hat [[Wimbell|Wimbell]] eine Idee. Zwar ist ein Schwert keine Augenklappe \[[siehe [Angriff aus den Nordlanden|Angriff aus den Nordlanden]], Anm.d.Aut.\], aber die magische Hand vermag sie gleichfalls zu erreichen und das Geschenk des Vaters zu ertasten und sicher über den Fluss zu bringen. Zurück bei den Meilern trifft die Gruppe unvermutet auf Gustav Brock, der ihnen bereitwilliger als seine Frau Hermine Auskunft über die Überfälle gibt. Ihm habe man den ganzen Kohlenkeller leer geräumt. Auf die Frage, warum er sich immer noch hinaus traue, antwortet er schlicht, was er denn sonst tun solle. Aber er habe Spuren entdeckt und er zeigt sich bereit, den Abenteurern diese zu zeigen. Sie müssen eine gute Stunde den Weg zum Dorf hinauf erklimmen. Ihnen ist zuvor gar nicht aufgefallen, dass der Wald sich auf einem leichten Anhang befindet, der sich stetig zur Schlucht hinabneigt. Schließlich weist sie Brock nach rechts quer in den Wald hinein. Und tatsächlich, kaum hat sich der Waldläufer gebückt, um nach den Spuren zu schauen, und ist man seinen tapsenden Schritten hinterher keine hundert Meter in den Wald gefolgt, saust plötzlich ein bedrohliches Schwirren durch die Luft. Ein zweites und neben schnellt ein Pfeil zitternd in einen Baumstamm direkt neben Dagh. Voraus aus einem Gebüsch tauchen zwei Bestien auf, eine jede einen Knochenbogen gespannt in der Hand. Da surren die Sehnen erneut ...

### Das Böse im Wald

Die nächsten Schüsse treffen. Dagh zuckt zusammen und Wimbell schreit still, da brüllt Elara auf und stürmt vor. Überrascht vergessen Widder und Stier ihre Bögen fallen zu lassen und die Schwerter zu ziehen. Da saust der Streitflegel der Klerikern auf sie hernieder! Thouby ist unbemerkt über Stock und Stein herangeschlichen. Hinter den Bestien flirren seine Dolche. Als Dagh mit zwei Schwertern bewaffnet heran ist, liegt auch die dritte Bestie, ein Eber, bald in einer Lache Blut auf dem nassen Waldboden.

Der Köhler hatte nicht gelogen, aber nun war er verschwunden und die Gruppe allein mit den Spuren auf dem feuchten Boden und den drei Leichen. Nichts findet sich an ihnen, nur Waffen und Bogen. Wo mögen sie bloß hergekommen sein? Was essen sie? Wo haben sie gerastet? Die Fragen verklingen ohne Antwort. Der Waldläufer beginnt von neuem die Spur aufzunehmen, die sie vom Waldpfad direkt in die Falle geführt hatte. Doch im Kampfesgewühl hat er Mühe eine klare Spur zu lesen. Erst einige Klafter weiter kann er die markanten Hufabdrücke der Bestien wieder finden und führt die Gruppe in nordöstlicher Richtung durch das feuchte Unterholz. Nach gut einer Stunde am Waldesrand angekommen, stockt Dagh. Im wechselnden Untergrund hat er Mühe die Spur zu finden. Auf gut Glück treten die Abenteurer aus dem Wald. Der trübe Himmel eines späten Mittags empfängt sie. Die dicken Tropfen des Waldes wechseln in den bekannten feinen Nieselregel, der wie aufgewühlte Gischt des Meeres in der Luft liegt. In der Ferne voraus hören sie Gurgeln und Rauschen aus der Schlucht. Zu ihrer Rechten stehen Hügel, hoch wie zwei Mann, nahe dem Wasser. Noch weiter versinkt die Umgebung im Nebel, der in diesen Talkassel aus dem Wald hinab rinnt. Die Gruppe folgt weiter der Spur und kommt nach einer Weile ans Ufer heran. Unter einem dichten Gestrüpp in der Uferböschung verschwinden sie, wie verschluckt. Argwohn packt Dagh. Er kniet nieder und schaut sich die Stelle genauer an. Ihm kommt es vor, als wäre der Busch nicht festgewachsen. Daneben steigt das Ufer an, erst auf Brusthöhe, dann gut mannshoch. Er ahnt es, aber Zweifel nagen, als er den raschen Fluss dahinter erblickt. Ein Sturz in den Bach liegt ihm nicht. Da packt er zu, hebt den Busch auf und legt ihn überrascht einfach beiseite. Die Spuren gehen weiter. Sie führen direkt ans rauschende Wasser heran, einige glitschige Steine sichern den Weg und schließlich verschwindet alles hinter dem ansteigenden Ufer. Thouby ist der wendigste der Truppe und steigt vorsichtig über den glitschigen Fels. Er entdeckt eine kleine Höhle in der Uferböschung. Dunkel und feucht. Der Halbling erkennt gleich, dass sie viel zu klein ist, um den Bestien als Unterschlupf zu dienen. Es kann sich höchstens um eine kleine Vorratskammer halten. Er findet ein Fass mit Pökelfleisch, von dem er sich etwas einsteckt. Und eine flache Kiste. Als er sie öffnet, findet er in trockenes Stroh gebettet, Armleuchter. Kerzenständer. Schwarz lackiert und geformt wie ein T. Ein breiter, runder Fuss, eine schlanke, kleine Säule, darauf balanciert eine flache schwarze Stange, an jedem Ende ein kurzer Halter für den Wachsstiel. T. Thouby nimmt ihn mit und zeigt ihn den Mitstreitern. Elara, kaum dass er ihn hochhält, starrt ihn gebannt an. Ein Zauber von Wimbell enthüllt, dass er von einem unnatürlichen Wesen beseelt ist. Elara will, dass er an Ort und Stelle belassen wird, aber der Halbling nimmt ihn dennoch mit. Ein Vorratslager. Aber wo kommen die Bestien her? Dagh kniet erneut nieder und sucht mit seinen elbischen Augen nach Hufabdrücken. Er findet eine weitere Spur, die von der Höhle wegführt. Die Spannung steigt wieder, als die Gruppe erkennt, dass die Spur wieder gen Westen in den Wald zurückführt. Doch der Mittag ist mittlerweile vorbei.

Kaum treten die Abenteurer wieder in den Wald hinein, verschluckt sie die regenverwaschene Düsterkeit der unzähligen dunkelbraunen, kahlen Stämme und des nadelübersäten Waldes. Der Elf führt die Gruppe sicher voran, bis sich nach einer knappen Stunde der Wald plötzlich schlagartig lichtet. Unvermutet stehen die fünf Recken auf einer hohen Wiese, über die Thouby Mühe hat, drüber hinweg zu schauen. Das dichte, grüne Gras ist gut gegossen, der feuchte, diesige Nebel empfängt sie wieder. Vor ihnen hat sich eine große Lichtung aufgetan. Links und rechts spannt der Wald Schulter an Schulter ein dichtes, dunkelgrünes Spalier, über ihnen hängt immer noch tief der regenwolkenschwangere Himmel, merklich dunkler als noch am Fluss zuvor. Den Recken bangt ob der Größe der Lichtung und der Dichte des Grases, in dem sich wer weiß wie viele Bestien noch verbergen müssen. Denn ein jeder spürt, dass hier die Quelle, der Ursprung und der Anfang allen Übels liegen muss, dass über Shabranka hereingefallen ist. Müde und unsicher wandern die Abenteurer am Waldesrand in südlicher Richtung entlang, schließlich hinein in den Wald, bis sie nach gut zwei Stunden auf den Weg treffen. Dagh, der sich den direkten Weg gen Dorf mangels sichtbarer Sonne nicht zutraute, brachte die Gruppe sicher wieder zurück. Am späten Abend kehren sie zurück in das Haus von Jeremias Jaentsch, immer noch voller Fragen.

### Der Dämon im Herzen des dunklen Tempels

Jaentsch ist aufgeschreckt von den neuerlichen Berichten der Truppe von den umherschweifenden Bestien. Er bittet Dagh persönlich, diese Nacht Wache zu halten, ihm scheint er am ehesten zu trauen. Elara entschuldigt sich bald, um auf ihrem Zimmer zu meditieren. Der Waldläufer bleibt mit dem Halbling allein in der großen Wohnstube zurück.

Obwohl ein Elf nur vier Stunden Schlaf benötigt, missachtet er die Bitte des Händlers und überlässt Thouby die Wache trotz der argwöhnischen Blicke, die der kleine Mann mit den vielen Dolchen an der Weste von Jeremias und seiner Familie erntet. Die Nacht ist schnell hinter der Gruppe hereingebrochen, die mit dem letzten Licht des Abends schließlich den Pfad bergauf trottend das Dorf erreichte. Sie schieben gemeinsam einen Tisch an das südlich gelegene Fenster, jenes, welches auf den schlammigen Pfad hinabblickt, den sie vor kaum einer Stunden selbst entlang schritten. Die Dunkelheit schaut tief zurück, während Thoubys Blicke hinausspähen. Er ist gebannt von der Tristesse des eintönigen Regens, der die sonst spiegelnden Pfützen in den Kuhlen des Weges blind vor winzigen Wellen werden lässt und dem erdigen Braun einen tiefen, schwarzen Unterton gibt. Fast wie das Blut der Bestien auf dem Waldboden am späten Morgen. Er erinnert sich an den Dolch, der in den Leib der Bestie fuhr. Er erinnert sich an das Gefühl der Zufriedenheit, der Befriedigung. Fast wie ... gestillte Rache. Abgelenkt blickt er erneut aus dem Fenster hinaus. Aber nichts. Weder sieht, noch hört der Halbling etwas. Nach vier Stunden weckt er den Elf und legt sich auf dem Boden, eingehüllt in seinen langen Mantel nieder. Dagh, gestärkt und frisch und gleichzeitig betäubt von der immer noch währenden Dunkelheit, vor dem Fenster wie in der Stube, setzt sich ebenfalls auf den Tisch und schweift mit den Blick aus dem Fenster hinaus. Es regnet. Und die Zeit verrinnt. Plötzlich bemerkt er ein Huschen, wie ein Windhauch an seinem Ohr. Dann eine flüsternde Stimme: „Töte den Halbling." Erschrocken fährt er herum. Nichts als dunkle, dichte Schatten. Der lange, tiefe Esstisch, acht Stühle drum herum. Die Küchenzeile mit ihrem Gewirr aus Töpfen, Deckeln, großen Suppenlöffeln und schweren Beilen. Der Flur zur Eingangstür und der Aufgang in das halb erhöhte Obergeschoss, wo die anderen schlafen. Nichts. Er schüttelt kurz den Kopf, um seine Sinne aufzuklären und beginnt erneut mit der Überwachung des Weges. Da! Wieder ein Huschen und die Stimme wispert heischend: „Töte den Halbling!" Er zuckt wie getroffen herum, springt vom Tisch! Der Halbling schläft zu seiner Rechten, eingewickelt in seinen Mantel. Forschend durchsuchen die elbischen Augen das Dunkel. Der schwere Balken liegt in den Riegelschäften der Tür, verschlossen. Vier Fenster, alle verschlossen. Alle? Nein, halt! Da bemerkt er den dürren Spalt über dem Fensterbrett, fahl fällt etwas Licht herein. Der Haken des Riegels ist nicht in der Öse! Blitzend fauchen und fahren seine beiden Schwerter aus ihren Scheiden. Ein auffordernder Ruf erschallt unbeantwortet. Er stößt mit dem Fuss den Halbling mehrmals an, der langsam erwacht. Als Thouby erkennt, dass es noch nicht Morgen ist, zuckt seine Hand unter den Mantel und hält Augenblicke darauf zwei funkelnde Dolchscheiden zwischen Daumen und Zeigefinger. Plötzlich fährt ein flatternder Windstoß heran! Das unverschlossene Fenster ist mit einem Ruck voll aufgegangen. Ein kurzes, meckerndes Lachen erschallt, da sausen zwei kurze Schneiden durch die Luft und schlagen zuckend in das Holz knapp unterhalb des Fensterbrettes ein. Ein Flattern liegt kurz erneut in der Luft, dass alsbald verklingt. Augenblicklich stürmen die beiden Recken auf das offene Fenster zu und stecken die Köpfe hinaus. Nichts. Nichts außer dem Regel, der ihnen vom zu kurzen Sims des Daches auf das Haupt trieft. Plötzlich fasst sich der Elf auf den Kopf, als habe ihn etwas getroffen. Eine schleimige Flüssigkeit, wie Kuhspucke. Sie ziehen die Köpfe zurück, schließen und verriegeln das Fenster. Dagh erzählt nichts von der flüsternden Stimme.

Am Morgen stapft Nadine, Jeremias' Frau, die Treppenstufen herunter und beginnt wortlos, etwas unsicher lächelnd mit den Frühstücksvorbereitungen. Als sie bemerkt, dass das Wasser im Hause knapp ist, packt sie den Kücheneimer am Henkel, öffnet mit Leichtigkeit den schweren Türbalken und tritt hinaus. Kurz darauf ertönt ein knapper Schrei, dem Stille durch die halboffene Tür hinterdrein folgt. Elf und Halbling eilen hinaus. Da steht die gute Seele wie angewurzelt und deutet auf den Brunnen. Der hölzerne Aufbau des Brunnens ist geborsten, die Winde samt Kurbel hängt noch an einer Achsaufhängung, aber eine Hälfte des Aufbaus ist hinab in das tiefe Brunnenloch gestürzt. Vom Schrei aufgeschreckt geht die Tür des Nachbarhauses auf und der Köhler Gustav Brok steht auf der Schwelle und späht aus verschlafenen Augen hinaus. Als er das Unheil am Brunnen sieht, marschiert er heran. „Der Brunnen ist kaputt", bemerkt er trocken. Währendessen kniet Dagh auf dem Boden und versucht, Spuren zu entdecken, wo nichts als die ihren zu finden sind. Da ruft Brok auf, er habe eine Idee und eilt zurück ins Haus. Als Köhler mit dem rechten Werkzeug und ein wenig Holz ausgerüstet, beginnt er Dagh immer wieder Dinge anzureichen und derweil am Seil den Rest des Brunnenaufbaus hinaufzuziehen und schließlich die durchgebrochene Stelle mit kurzen Holzstücken auszubessern. Er erkennt, dass das Holz zwar morsch, aber im Kern noch intakt war. Ob es Sabotage war, vermag er jedoch nicht zu entscheiden. Aufgeschreckt vom Schrei der Frau treten kurz darauf auch der Händler, Elara und Wimbell an ihre Seite. Der Mann nimmt sie beruhigend in den Arm und dankt Brok, als der mit einem Nicken wieder ins Haus geht. Man setzt das Frühstück, wenn auch zutiefst beunruhigt, fort. Doch auch die Nachrichten der Nacht vermögen keine Sorgen zu vertreiben. Der Händler bietet ihnen seine Hilfe an, aber die Gruppe lehnt ab. Er könne sie nicht wirkungsvoll unterstützen. Aber er wolle zumindest noch einmal mit den restlichen Dörflern reden. Derweil macht sich die Gruppe bereit für den Aufbruch zur Lichtung.

Dank der Markierung findet sich die abzweigende Stelle recht schnell wieder und der Waldläufer findet sicher durch das feuchte Dickicht, bis man erneut und diesmal schräg auf den Rand der Lichtung trifft. Voraus, so erscheint es den Hochgewachsenen, mag man einen länglichen Schatten erkennen. Als befände sich dort etwas Größeres im wuchernden Gras. Aber ob es ein umgefallener Baum, ein einstiger Hain oder nur ein paar Steine sind, ist auf die Entfernung nicht auszumachen. Die Gruppe macht sich auf direkten Weg durch den grünen Urwald, aber langsam, der ständigen Gefahr bewusst, die just um sie herum aus dem Gras schnellen kann. Kurz hält Dagh inne, er meint etwas zu hören, dann bedeutet er der Gruppe, dass es weitergeht. Plötzlich senkt sich das Gras herab und gibt den Blick frei auf ein weites Areal, groß wie ein Marktplatz. Das Gras ist hier fleckig und braun, kurz und knapp. Sofort werden große Quader und andere Granitsteine erkennbar. Die Reste des geschliffenen Tempels. Man erkennt von außen eine rechteckige, weite Grundstruktur der äußeren Mauer. Der flache Umriss eines Gesinde- oder Lagerhaus liegt nahe bei. Auf den Rest der Mauerecke steigt Thouby, um sich einen Überblick aus der Perspektive der anderen zu verschaffen. Dann bewegt sich die Gruppe in Schlangenlinien über die Breite des Platzes, auf der Suche. Mal sind die Quader geborsten und liegen nur noch in Bruchstücken umher, dann wieder sind sie ganz und heil. Manche sind mit einem eigenartigen Muster verziert, ein Band aus abwechselnd richtig und Kopf stehenden Ts. Hier und da sind die Steine von Moos gänzlich überwuchert, andere liegen frei. Dort befindet sich der runde Rest eines einstigen Sockels, gegenüber ist nur noch der kahle Fleck im braunen Gras zu erkennen. Dazwischen eine absteigende Reihe von Gesteinsbrocken wie ein einstig säulengetragener Eingang. Je weiter sie vorankommen, desto mehr schwindet das wenige Gras unter ihnen, bis schließlich quadratische Steinfliesen unter dem schrumpeligen Moos hervortreten. Voraus thront plötzlich ein breiter, langer, hoher Quader, reich verziert mit gemeiselten Bändern. Wie ein Altar. Davor jedoch in einem dreimal drei Feld der Fliesen findet sich in der Mitte ein kleiner Sockel, darauf, makellos und bleich wie aus Marmor gemetzt, eine Statue. Ein kleiner, geflügelter Kobold. Mit winzigen Hörnern an der kahlen Stirn und kurzen Bocksfüßen. Die Statue, zur großen Verwunderung der Gruppe, ist unbefleckt. Kein Moos, kein Grashalm hat es gewagt, auch nur den Sockel zu erklimmen.

Als die Gruppe die Blicke wieder aufrichtet, fährt sie herum. Ein aufgeregter Schrei war aus dem dichten Gras herübergetönt. Dort steht eine kurze Gestalt, just aus dem Dickicht getreten. Es ist Jonas, der schweigsame Sohn des Händlers. Jäh will er hoch erfreut auf sie zurennen, da bleibt er wie angewurzelt stehen und sein ausgestreckter Arm fährt dicht an den Abenteurern vorbei. Als sie dem Blick aus seinen weit aufgerissenen Augen folgen über den aufgerauten Altar, der scheinbar alle Versuche des Schleifens beharrlich Stand gehalten hat, bemerken die Abenteurer das erneut hoch wachsende Gras, das kurz hinter dem äußeren Mauerring wieder beginnt. Schrecklich und plötzlich zugleich tauchen drei drohende Umrisse aus dem wuchernden Gras auf. Ein Eber, ein Widder und ein Hirsch, die zugleich ihre Knochenbögen spannen und Pfeile auf die Gruppe abfeuern. Zwei Pfeile treffen Thouby, der sich schließlich beherzt auf den Boden wirft und auf die Gegner zuzukriechen beginnt. Dagh stürmt die kaum zwanzig Schritte mit Gebrüll auf den Hirsch zu, der in der Mitte der Drei steht, und schlägt und trifft. Elara folgt dicht hinterdrein. Der Hirsch erblickt die Übermacht und gibt Fersengeld ins dichte Gras hinein. Die Bestien feuern erneut. Dagh verfolgt den Hirsch. Thouby und Elara stellen den Widder, der seinen Bogen fallen gelassen hat und auf sie zukommt. Von ihren Hieben wird er nach wenigen Streichen niedergemetzelt. Zugleich Dagh stößt dem Hirsch das Langschwert in den Leib und ersticht ihn schließlich mit der zweiten Waffe. Der Eber schießt ein letztes Mal, da ist er auch schon von den Abenteurern umringt und stirbt in einem Strom aus Blut unter den zornigen Streichen der Helden. Drei Leichen liegen im dichten, zertrampelten Gras und rühren sich nicht mehr. Aber wo ist Jonas?

„Sind sie weg?" Ruft eine zaghafte Stimme. Die Abenteurer winken den naseweisen Jungen herbei. Erst zögerlich, dann aber aufgeregt stürmt er auf die Gruppe zu, blickt erst angewidert, dann neugierig auf den toten Widder auf dem braunen, struppigen Gras. Er ist ihnen nachgelaufen, weil ihn das Abenteuer fasziniert. Er will kein Händler sein wie sein Vater, sondern ausziehen, mit einem Schwert gegürtet und dem Bösen begegnen. Die Gruppe ist froh, dass ihn die Bestien sich nicht geschnappt haben. Sie kehren zurück zur Statue, um ihren Ursprung zu ergründen. Jonas folgt ihnen voller Neugier. Aber jegliche Versuche, die Statue zu beschädigen, ein Stück aus dem weißlichen Stein zu schlagen oder auch nur eine der Steinfliesen des Feldes unter ihr anzuheben schlägt fehl. Die Rillen, welche neun unabhängige Fliesen in dem dreimal drei Feld andeuten, sind nur Verzierung. In Wahrheit handelt es sich um eine einzige große, in deren Mitte die bocksfüßige Statue thront, meckernd und keck. Thouby fällt der unheilvolle Kerzenständer wieder ein, denen er bei sich trägt. Er liegt ihm mit angenehmer Schwere in der Hand, da stellt er ihn auf die gemeißelten Flügel des steinernen Kobolds. Dagh und er haben ihn der Ereignisse der zurückliegenden Nacht in Verdacht. Schließlich gibt man auf. Sie können nicht bleiben, ohne den Jungen zu gefährden und alleine zurückschicken, auch wenn der Weg zu ihnen problemlos fand, möchten sie ihn nicht, damit die Bestien ihn am Ende nicht dennoch schnappen. Der Händler wird ihnen sehr dankbar sein. Doch als sie dem Altar den Rücken zuwenden, steht der Dämon im Herzen des dunklen Tempels Tanrehs in ihrem Rücken und ein meckerndes Lachen umspielt seine Lippen.

### Die gefangenen Schwingen

Noch während sie sich einen Weg durch das dichte, feuchte, für Thouby schulterhohe Gras bahnen, ist allen klar, dass sie noch diese Nacht zurückkehren werden. Jetzt, wo der Tempel endlich zum Greifen nah vor ihnen liegt und man die Geheimnisse förmlich spüren kann, die ihn umgeben, gibt es kein Zurück mehr. Und wenn Jonas nicht von zuhause ausgebüchst wäre und dorthin zurück eskortiert werden müsste, wären sie geblieben. So essen sie und gehen rasch zu Bett in Jeremias' Haus, während Jonas die doppelte Wut seiner Eltern trifft und er mit glühenden Wangen und leeren Wangen zu Bett geschickt wird. Nach vier Stunden Schlaf erwacht der Elf. Seine erste Pflicht ist Elara, die Klerikerin zu wecken, damit sie über ihre Sprüche meditieren kann. Er geht leise die wenigen Stufen zum halb erhöhten Schlafflur hinauf. An [[Jonas|Jonas Jaentsch]] Tür bleibt er plötzlich stehen. Der Wind säuselt ihm eigentümlich laut aus dem Zimmer des Jungen. Leise öffnet er die Tür einen Spalt breit und späht hinein. Doch eingeknüllt in seine Decke liegt der Abenteuerlustige augenscheinlich in seinem Bett und schläft. Schnell schließt Dagh die Tür wieder und weckt Elara. Eine Stunde später ist die Truppe gerüstet und bepackt und bereit zum Aufbruch.

Kaum aus dem Schutz des Hauses hinaus in den nieselnden Regen, kaum aus dem Schutze des Dorfes hinaus in die stockfinstere Nacht unter dem dichten, tropfenden Blätterdach entzündet Thouby eine Fackel. Aber Dagh schreitet wie immer voran, er erblickt den Weg mit Leichtigkeit, den die anderen beiden, als Menschen blind wie Maulwürfe in der tiefen Mitternacht, sich mühsam mit den Füßen ertasten müssen. Doch sie kommen nicht bis zur geschnitzten Markierung, sondern nach einer guten halben Stunde bleibt Dagh plötzlich stehen. Da, er deutet nach links quer in den Wald hinein! Schon ist es wieder verschwunden. Dagh läuft hinterher, dort wo er die dunkle Silhouette, kaum größer als ein Jugendlicher erblickte. Nach vierzig Metern bleibt er stehen und schaut zu den anderen zurück, die am vermeintlichen Wegesrand stehen geblieben sind und ihn zwischen den vielen Baumstämmen kaum noch ausmachen können. Er ruft sie herbei. Er will der Spur folgen. Doch der Rest will zum Tempel. Selbst wenn es Jonas gewesen sein mag, er hat sie schon einmal aufgehalten. Zielsicher bringt der Elf sie weiter durch den Wald, bis sie schließlich auf die Lichtung treffen. Mondlicht ist nur schwach zu sehen, so dass die weite, dichte Wiese kaum heller als der Wald wirkt, der sich als schwaches, hohes Band zu allen Seiten abzeichnet. Thouby verlöscht die Fackel und mutig stoßen sie in die grüne, feuchte Flut hinein, geradewegs auf jenen Punkt zu, an dem Dagh in der Dunkelheit den Tempel vermutet. Den Schatten, der noch bei Tage schwach auszumachen gewesen ist, ist gänzlich verschwunden. Urplötzlich hebt sich direkt vor Daghs Füßen eine massive Gestalt aus dem Gras empor. Er schwingt sein Knochenschwert und trifft den Elf böse am linken Arm. Erschrocken haut Dagh zurück und trifft die Bestie mit Widderkopf gleichfalls am Arm. Doch sein Streich mit der zweiten Waffe will ihm nicht gelingen. Aus der durch das feuchte Gras glitschigen Hand rutscht sein Kurzschwert und geht in der grünen Flut unter. Trotz des Verlusts macht er einen Schritt zur Seite, um Elara, die herangestürmt kommt, freie Bahn zu ermöglichen. Doch sie rutscht im letzten Schritt und der Streitflegelschlag rauscht ohnmächtig ins Leere. Da tauchen zwei weitere Bestien auf! Zwei Adler mit Knochenbögen bewaffnet, mehr als einen Steinwurf entfernt und schießen. Eine Falle? Einer trifft Elara, der Pfeil schlägt krachend in ihre Panzerung. Der zweite verfehlt den im Gras kaum sichtbaren Halbling. Elara wirbelt augenblicklich herum und spurtet auf die beiden Adler zu, auf halber Strecke lässt sie sich ins Gras fallen. Als sie den feuchten Erdboden unter sich fühlt, packt sie Entsetzen! Direkt vor ihr hocken zwei Bestien im Gras, die augenblicklich ihre splittrigen Knochenschwerter auf sie niederfahren lassen. Eine Falle! Jeder Schlag prallt jedoch an ihrer Rüstung ab. Dagh und Thouby töten den verwundeten Widder derweil mit tiefen Stichen in Brust und Rücken, um dann sogleich Elara zur Seite zu stürmen. Blitzend fauchen die Schwerter durch die Nacht und schlagen pfeifend wie Sensenblätter durch die hohen Grashalme. Doch Thouby kratzt seinen Widder nur etwas, während der andere diesmal Elara am Bein erwischt, während sie noch auf dem Boden liegt. Währendessen lassen die beiden Adler ihre Bögen fallen, die Klerikern und der Halbling sind beide kaum zu treffen und mitten im Getümmel. Der Elf greift einen Dolch aus dem Gürtel als zweite Waffe in der linken Hand und stürmt auf den anderen Widder zu. Aber auch diese Waffe rutscht ihm beim Schlag aus der Hand und verschwindet in der um seine Hüften wogenden Flut. Elara schwingt sich auf die Füße und schlägt dem zweiten Widder ihren Streitflegel einmal quer über die Brust. Thouby muss um seinen Gegner herum, doch der Widder schlägt daneben, da sticht Thouby ihm in den Rücken. Daghs Schlag hingegen wehrt der andere Widder ab und trifft ihn seinerseits schwer an der Seite. Und so wogt der Kampf hin und her, bis plötzlich die Adler heranstürmen und einer von ihnen erneut die Klerikerin schwer trifft. Sie kann sich kaum noch auf den Beinen halten, wagt es aber dennoch einen Heilzauber auf sich zu wirken, da sie sich stets mitten im Gemetzel am besten konzentrieren konnte. Es gelingt! Ihre Wunden an Arm und Brust schließen sich. Aber immer noch ist sie umringt von Feinden. Thouby tanzt um seinen Widder herum, nachdem sein Stich daneben ging. Aber Elara, erstarkt, trifft den zweiten Widder mit voller Wucht. Er stolpert einen Schritt nach hinten, bis er sich fangen kann und sie ihm den Flegel aus dem Oberschenkel zu reißen vermag. Währendessen kann sie geschickt fast allen der von allen Seiten hereinbrechenden Schlägen ausweichen. Aber kann sie in der Mitte nicht mehr lange Stand halten. Thouby ersticht den ersten Widder von hinten, dieser sinkt röchelnd zu Boden. Da trifft der zweite Adler sie erneut und Elara sieht so schlimm aus wie vor ihrem Heilzauber. Wie durch ein Wunder hat sich der erste Adler dem Elfen zugewandt, der über die Leiche der anderen Bestie auf ihn zugestürmt kam. Der Halbling rächt sogleich den Schlag am Elfen und treibt seine Klinge tief in des Feindes Fleisch. Der ist so verstört von dem Stich, dass Elara ihr Heil in der Flucht suchen kann und ihm die Klinge aus der Hand rutscht. Wenig später sinkt er unter zwei weiteren Stichen zu Boden und wie sein Schwert zuvor geht er in der wild tobenden grünen Flut unter. Kurz darauf haben Dagh und Thouby auch den zweiten Adler erledigt. Alle fünf Feinde liegen in ihrem Blut darnieder und regen sich nicht mehr. Nur das hohe Gras entfacht von einer neuen Brise schaukelt und weht eifrig im Wind. Wie ein Meer von Zuschauern noch immer im Blutrausch gefesselt von der so eben verklungenen Schlacht. Keuchend und geschunden treffen sich die drei in deren Zentrum. Dagh sucht verzweifelt seine beiden Waffen. Das Kurzschwert hat er schnell wieder, lag es doch zu Füßen der allerersten Bestie, aber wo ist sein geliebter, meisterlicher Dolch. Er kann sich einfach nicht erinnern! Erst nach einigen Minuten findet er ihn unter der schweren Leiche des zweiten Widders. Sie durchsuchen die restlichen Körper. Einer muss etwas mit sich führen, dass ihnen helfen kann! Das Gras ist niedergetrampelt und matschig, die Dunkelheit hingegen makellos. Aber nur am Gürtel eines Adlers finden sie einen kleinen Sack. Der Elf äugt hinein und zieht angewidert einen toten, aufgeplatzten Frosch heraus, auf den jemand oder etwas drauf getreten zu sein scheint. Darunter jedoch findet er eine kleine Phiole gefüllt mit einer schwarzen, übelriechenden Flüssigkeit. Und obwohl alle Sinne laut widersprechen und nach mehrmaligem Zögern, stürzt sich Dagh den Inhalt den Rachen hinunter, schluckt dreimal, während ihm die Masse zäh wie Honig, aber bitter und abscheulich zugleich die Speiseröhre runter rinnt. Nein, die Luftröhre! Er keucht und hustet, stürzt auf die Knie, übergibt sich von Unterleibsschmerzen gequält. Da bemerkt er, dass ihm das Atmen auf einmal leichter fällt! Der schwere Streich, den er zuvor gegen die Seite erhielt, scheint abgeklungen, die Rippen leicht und wohl und kräftig. Ein Heiltrank und genau zu rechten Zeit!

Doch was sollen sie nun tun? Die Gruppe ist schwer verwundet von dem Kampf. Elara, nachdem sie den letzten Zauber auf sich selbst wirken musste, verfügt nun über keine heilenden Kräfte mehr. Was immer sie auch im Tempel erwartet, wenn es dort lauert, wird kein leichter Gegner sein! Man berät sich: Thouby will alleine vorausgehen, er ist im hohen Gras kaum auszumachen. Aber gleichzeitig ist er völlig blind ohne eine Fackel. Dagh fürchtet neuerlicher Fallen im dichten Gras. Wenn einer mit einer Fackel voraus- oder hinterdrein marschiere, würde er die Aufmerksamkeit auf sich lenken! Elara würde am liebsten umkehren. Schließlich setzt Dagh sich durch, aber Thouby nimmt weitere Fackeln von den gefallenen Feinden mit. Vorsichtig pirscht die kleine Truppe weiter durch die sanft wogende Flut. Die Leichen hinter sich in ihren Rücken zu lassen, birgt ein tiefes Gefühl des Unbehagens, fast als könnten sie jederzeit sich aus den Untiefen der grünen Flut erheben und neuerlich ihre Schwerter schwingen. Urplötzlich hört das Gras vor ihnen auf! Ein riesiges Areal, von Moos, dunklem, halbtotem Gras bewuchert, taucht auf. Überall liegen Steinquader, manche zerborsten, andere noch fast intakt herum. Einst helle Säulensockel oder nur noch der runde Fleck im Gras, auf dem sie einst empor ragten. Der Tempel! Es ist wie am Tag zuvor, aber nun alles Grau in Grau und voller Umrisse und Schatten.

Thouby entzündet neuerlich einer seiner Fackeln und treibt den Stil tief in den morastigen Boden. Die flackernden Flammen bringen Schattenschar unheilvoll zum Tanzen, deren Spiel sich auf dem intakten Alter abzeichnet. Dort direkt davor, auf einem Steinfliesenfeld steht der Sockel der dämonischen Statue, blitz und blank und völlig leer. Der Dämon ist weg! Im selben Moment, indem sie diese schreckliche Erkenntnis packt, treiben sich zwei scharfe Fangzähne tief in Daghs Nacken. Schmerzerfüllt schreit er auf! Mit dem zähen Speichel des Wesens, das wie aus dem Nichts hinter seinem Rücken aufgetaucht ist, dringt schleichendes Gift in die frische Wunde. Dagh spürt wie es ihm kurzzeitig die Sinne raubt, wie ihm schwindelig wird und übel. Das Viech stürzt hin hohen Bogen davon, fast schneller als das nackte Auge hinterher gucken kann und verschwindet in der hohen Wiese. Thouby treibt die beiden anderen zu einem Kreis, Rücken an Rücken. Er schlägt eine zweite, brennende Fackel in den Boden, so dass ihre eigenen Schatten nun doppelt mit ihnen Wache halten, Schulter an Schulter, Bogen an Bogen an gezücktem Dolch. Bis auf das Rauschen der Flammen und dem säuselnden Wind ist nichts zu hören. In der Stille verrinnt langsam die Zeit. Viel zu langsam, denn es ist noch eine Ewigkeit bis die Sonne über die Baumwipfel treten wird. Elara und Dagh hören es gleichzeitig, wie ein heftiges Rauschen, wie von Ästen eines Baumes, die in einem heftigen Windstoß schlagen. Nur ist hier kein Baum! Da schaut Thouby mitten in die fürchterliche Fratze des Dämons, der keck lacht und seine Klauen in das Fleisch das Halblings schlägt, um sogleich wieder zu entschwinden, ehe einer der anderen reagieren kann. Verzweiflung macht sich breit. Es gibt kein Zurück. Lieber dem Unhold hier auf dem freien Platz begegnen als auf heilloser Flucht durch wogende, hohe Grashalme. Aber wie will man ihn besiegen, wenn man ihn kaum treffen kann. Er ist nicht zu sehen, kaum zu hören und sein Biss hat Dagh sehr geschwächt. Beim dritten Angriff, wieder auf Dagh, der dem Gift diesmal widerstehen kann, fliegt dem Dämon in schnellem Flug ein Pfeil hinterher. Ein jeder hat sich angespannt auf einen solchen Schuss vorbereitet. Der Pfeil trifft! Aber der geflügelte Satan lacht nur, als wäre ihm nichts geschehen. Sie lassen die Bögen fallen und greifen zu den Nahkampfwaffen. Nicht jedoch der Halbling. Er holt ein langes Seil aus dem Rucksack, er hat eine Idee. Wieder macht sich Stille breit. Angespannte Stille. Totenstille. Als diesmal der Dämon vor Thouby auftaucht, nimmt er den Krallenhieb ungerührt hin, dann wirft er. Und trifft! Die wohl präparierte Schlinge legt sich genau um den Hals des Wesens. Sogleich lässt er sich nach hinten fallen und zieht den gleichgroßen Bösewicht herab, der sein Heil in der Flucht nach vorn anstatt hinauf sucht. Schon sind die beiden anderen heran und dreschen mit Streitflegel und Schwertern auf ihn ein. Diesmal lacht der Dämon nicht mehr. Diesmal wetzt er seine Krallen nicht mehr an Halblingfleisch, sondern lässt ihre Schärfe über das faserige Hanf flitzen. Zweimal. Da ist das Seil fast schon wieder durch und hängt nur noch an einem dünnen einzelnen Strang. Dagh schlägt zu und trifft den Dämon schwer am Bein, dass diese boshaft aufheult. Aber da fährt der volle Zorn Elaras auf ihn nieder. Ihr Streitflegel, hoch über ihrem Kopf geschwungen, fährt mit voller Wucht in seinem Leib. Es blitzt auf! Da wird das rote, warzige Fleisch zu flüssigem Gestein, dass sich zäh um die den dornigen Kopf des Flegels legt. Ein gellender Schrei entfährt ihr, als sie den Flegel aus dem Körper der Statue reist, die zu ihren Füssen schwer auf den Boden stürzt, auf die Kante einer Steinfliese prallt und in mehrere Bruchstücke zerplatzt. Keuchend liegt die Klerikern auf dem Boden, während abwechselnd zwischen ihr und den Resten der geflügelten Bestie dankbare und wunderliche Blicke hin und her gehen. Immer noch brennen die Fackeln und lassen keine Schatten um die Bruchstücke tanzen, fast hört man noch das meckernde Lachen in der säuselnden Luft.

Elara untersucht ihre Waffe, sie fühlt sich anders an als noch zuvor. Sie ist schwerer, massiver als hätte sich eine feine, steinerne Haut um den gesamten Kopf gelegt, just dort wo er ins Fleisch der Bestie eindrang. Doch schnell fährt wieder Leben in die drei, nachdem sie begreifen, dass das Ende an ihnen vorüberging, ohne sie zu bemerken. Magisch schaut sich Elara nun den Altar und die Steinplatte davor. Geblendet presste sie die Augenlider zu. Es ist, als wäre unter der Platte eine Sonne gefangen, die so stark brenne, dass ihr Licht selbst den nackten Fels durchdringe und grell blendend zwischen den Ritzen hindurchführe. Der Alter flackert im Widerschein dieser Magie. Überall im wenigen Gras liegen strahlende Ts, Armleuchter Tanrehs. Die Statue selbst leuchtet ebenfalls voller Magie. Ihr Kopf ist noch erhalten und verhöhnt sie. Dagh steckt eine der beiden intakten Krallen ein, die immer noch außerordentlich scharf sind. Schließlich ziehen sie den Rückzug an. Sie benötigen Hilfe, weit über ihre eigene Macht hinaus.

### Ein donnerndes Ende, ein dunkler Anfang

Kaum haben sie kehrt gemacht und sich vom Tempel abgewandt, erstarren alle in der Gruppe im exakt selben Augenblick. Deutlich zeichnet sich ein einzelner Umriss gegen den Waldesrand südwestlich ab, deutlich erblickt ein jeder eine auf und ab wippende Gestalt, just über dem Gräserkamm, deutlich fährt ihnen der just entronnene Schrecken zurück in die Glieder, dass sie eilig die flackernden Fackeln im Boden stecken lassen und sich im Hohen Gras und zwischen den Mauerresten des Gesindehauses des einstigen Tempel verstecken. Das Fackellicht kommt schnell näher und durchbricht schließlich die scharfe Grenze, welche die hohe Wiese um das braune Gestrüpp zu Füßen des geschliffenen Tempels bildet.

Ein alter Mann, faltig im Gesicht, in einen schlichten, weißen Leinenumhang gehüllt steigt herab von seinem Maultier und ruft laut in das kahle, riesige Rund. Die Gruppe jedoch gibt keine Antwort. Er flüstert etwas seinem Maultier, Nari heißt es wohl, und sieht sich um. Sogleich erkennt er die Bruchstücke der Statue auf dem Boden, ein Schrecken durchzuckt ihn. Erneut erschallt sein Ruf, unbeantwortet. Dennoch scheint er zu wissen, dass sich immer noch jemand am Ort befinden muss! Eilig macht er sich auf die Suche, während immer noch die Nacht gefangen hinter dichten Wolken am pechschwarzen Himmel thront. Nur der Regen hat zum ersten Mal seit Ankunft der Gruppe aufgehört.

Thouby trittt schließlich mit gewetzten, geschwärzten Dolchen hinter den Mauerstücken hervor und dem alten Mann, der zehn Schritte von ihm entfernt stehen bleibt. Vorsichtig fragt er nach dem Kampf, der wohl stattfand und nach seinem Herrn Enloas, doch Thouby, als einziger der Gruppe, weiß von nichts. Doch schließlich tritt auch der Rest der Gruppe hervor. Da fährt erneut Leben in den alten Mann. Er stellt sich als [[Faluel Mori|Faluel Mori]], Priester aus dem Tempel Shabranka, dem von der Ankunft einer Gruppe Abenteurer berichtet wurde. Doch kaum begonnen bricht er ab. Es eilt! Vor Morgengrauen muss der Tempel zerstört werden heischt er sie an und erntet bloß ihre fragenden Gesichter. Doch für Erklärungen ist keine Zeit. Er spricht schnell von Kaladrils Rache und einer Barriere, die den Zugang zu einem Tunnel unterhalb des Steinfliesenfeldes sichert und gebrochen werden muss, ehe der Tempel und damit Tanrehs örtliche Macht vernichtet werden kann. Thouby blufft und gibt vor, er als einziger wisse um Taladrils Rache. Prompt soll er sich bereithalten und schon mal zwei rhombenartige Gefäße von den Seiten des treuen Maultiers holen, dass sich erst auf Geheiß seines Meister von der Stelle ins schützende Gras bewegt. Die Gruppe jedoch ist langsam im Vertrauen, auch ein alter Brief mit Enloas' Siegel kann sie kaum überzeugen, doch schließlich geben sie nach. Da erscheinen helle, strahlende Fackeln im Südwesten, kaum westlicher als der alte Mann herkam, und nähern sich. Dörfler, vermutet Faluel und zweifelt trotz beschwichtigender Worte Elaras an ihren Absichten. Er kniete nieder vor den Fliesen und fängt beschwörende Worte an zu flüstern. Anfänglich verstehen [[Elara|Elara]] und [[Wimbell|Wimbell]] noch einige Worte, dann erkennt die Gnomin wie es einen magischen Zweikampf zwischen einer Macht, eine Faust von oben, die das Fliesenfeld herabdrückt und einer von unten, die es öffnen will, zu geben scheint. Zwischendurch ruft der Priester einige Worte, während Thouby die Gefäße, die er just an dessen Seite abgestellt hat, neugierig betrachtet. Es sind ausgehöhlte, dünnere Baumstümpfe, mit zwei flachen Rinden verschlossen, aus einer Seite guckt ein langer Faden heraus, der sich um die Rhomben wickelt. Kurz ist er versucht, den Faden aus der Öffnung zu ziehen, lässt es aber dann. Währendessen ist der Fackelschein langsam näher gekommen.

Eine halbe Stunde vergeht, in der [[Faluel|Faluel Mori]] mit der Barrier kämpft und sich die Abenteurer auf die Ankunft der Gruppe vorbereiten. Plötzlich hören sie etwas, dass ihnen das Blut in den Adern gefrieren lässt. Wölfe! Und noch mehr! Fackelschein, diesmal aus Nordwesten und deutlich schneller als die Gruppe der Dörfler, an deren Spitze [[Gustav Brok|Gustav Brok]] geht und deutlich sichtbar einen brennenden Armleuchter Tanrehs vor sich hält, während sechs, sieben weitere Dörfler ihm mit Fackeln und Mistgabeln bewaffnet folgen. Zum ersten Mal hören sie Stimmen: „...Jonas .... Tempel ... schützen..." Da stürmt die Gruppe den Fackelträgern entgegen. Kaum werden sie erblickt auf gut hundert Meter Entfernung, ruft [[Gustav|Gustav Brok]] laut: „Die verdammten Abenteurer!" Augenblicklich lässt ein jeder seine Waffe aus der Scheide fahren. Da bleibt die Meute aus dem Dorf wie angewurzelt stehen. Wie ein Blitz fährt mitten durch die beiden das erneute, schauerliche Geheul der Wölfe. Sie sind deutlich näher als zuvor! Schon haben ein, zwei der Männer ihre Fackeln fallengelassen, drehen sich um, dann rennen sie. Wieder erschallt das Wolfsgeheul, da packt es die gesamte Meute bis auf Gustav, der wie festgewachsen stehen bleibt und durch die Abenteurer hindurch auf den Tempel zu starren scheint. Selbst beschwichtigende Worte, dass er doch nach Hause gehen möge, haben keinen Einfluss auf ihn. Bis er beim dritten Wolfsgeheul den Armleuchter fallen lässt und Fersengeld gibt. Schon jagen die Abenteurer zurück zu Faluel. Der Pack heranhetzender Wölfe, dicht gefolgt vom zweiten Fackelschein, kann nur noch wenige Minuten entfernt sein! Der Priester kniet schweißgebadet auf dem Boden und ist tief versunken. Fast haben die schnellen Schatten, welche mit dem Geheul durch das dichte, dunkle Gras huschen, den Bannkreis des Tempels erreicht, erwacht Mori und erhebt sich mühsam auf die Beine. „Bewacht Kaladrils Rache! Sie wollen sie zerstören." Unbeholfen stürmt er auf die Gruppe zu und schubst sie zu einem Kreis um die beiden aufrecht stehenden Rhomben herum zusammen. Schwertscheiden und gespickte Streitflegel glitzern im Schein der nahen Pechfackel, als der erste Wolf das Gras durchbricht und seine Lefzen grell im Fackelschein aufblitzen. Es ist ein Grimnar, flüstert Mori und seine Stimme hat einen traurigen Klang, ein Höllenhund. Es ist eine große, zottige Gestalt. Das Fell ist voller Dreck, schwarz und borstig, die Augen sind rot wie Blut, die Eckzähne scharf und spitz und treten funkelnd zwischen aus dem Maul. Die Schultern sind fast so hoch wie die des Halblings, die Beine wirken muskulös und unruhig. Da treten neben ihm zwei weitere Wölfe aus dem Gras, nicht minder furchteinflößend. Unruhig erwartet die Gruppe ihren Angriff, gute siebzig Meter sind sie entfernt. Aber erst als ein noch größerer, grauhaariger Wolf aus dem Schatten tritt, begleitet von einem letzten und die ersten wütend anknurrt, peitschen sie los und gehen zum Sturmangriff über. Der Waldläufer lässt seinen Bogen sirren und trifft einen an der Flanke dieses Speers an der Schulter, der laut aufheult. Unbeirrt kommt das Dreierpack rasend näher. Thoubys Dolche zittern zwischen seinen Fingern, wollen sich von alleine auf den Weg machen, doch er wartet. Plötzlich hört Mori etwas, oder er spürt es. Etwas lässt die Erde sanft unter ihnen erbeben. Ein seliges Lächeln fährt über sein Gesicht. Er treibt die Gruppe an zusammen zu stehen, noch könnte sich alles dem Guten wenden. Thoubys Klingen zittern immer noch, die Kette von Elaras Streitflegel rasselt nervös an diesem frühen Morgen, eine gute Stunde vor Sonnenaufgang. Da ist der erste Wolf heran und springt Elara entgegen. Doch ihr Streitflegelschlag rauscht ins Leere, während der Biss des Grimnars ihr tief in den Oberarm fährt und sie rücklings zu Boden wirft. Der Führer des Packs wirft sich Dagh entgegen, doch der wehrt den Biss mühelos ab. Der dritte schließlich springt fast an Thouby vorbei, so sehr hat er dessen Größe unterschätzt. Wimbel schleudert einen magischen Pfeil und trifft den Daghs Wolf, der sich elektrisiert schüttelt. Dennoch ist da ein Bruch im Kreis um die Rhomben. Die Wölfe spüren es, spüren ihren Auftrag. Auch die letzten beiden Grimnar haben die Gruppe nun schon fast erreicht. Thouby sticht zu und trifft seinen Wolf leicht am Bein. Aber der erste Wolf setzt zu einem gewaltigen Sprung, mitten über Elara hinweg, mitten hinein in den Schutzkreis um die Rhomben, mitten auf Kaladrils Rache zu! Da packt die Klerikerin der heilige Zorn. Sie schleudert die zottige Gestalt mit einem markerschütternden Schrei und mit all ihrer Kraft von sich und steht auf. Die buckelige Gestalt des Wolfes segelt durch die Luft, ehe er seitlich auf dem nassen Boden jaulend aufschlägt und sogleich schnell wieder auf alle Viere springt. Ein gepresstes Knurren droht ihr.

Der Waldläufer schlägt zu und trifft mit seinem Langschwert den zweiten Wolf in einem gewaltigen Streich tief an der Schulter. Dieser beißt zurück, vermag ihn aber kaum zu verletzen. Da sind der Chef der Höllenhund und seine Leibwache heran, springen einer rechts, einer links am ersten Wolf, der Elara gegenübersteht, vorbei und beißen zu. Der Chef treibt seine Lefzen tief in ihren Oberschenkel. Sie schwankt. Wimbells Stein erwischt ihn daraufhin an der empfindlichen Nase.

Das Pferdegetrappel ist lauter geworden, das Beben des Bodens arger. Aber auch die zweite Fackelschar ist heran und nacheinander treten sechs der beharrten Bestien aus dem Gras ins fackelbeschienene Freie. Noch sind sie weit weg, aber in ihren Händen glitzern fahl weißlich die Knochenbögen. Derweil tobt der Kampf ununterbrochen weiter. Die Wölfe toben. Ihre eigenen Wunden lassen sie die Rhomben vergessen, stattdessen wollen sie ihre Lefzen tief in das Fleisch der Feinde schlagen, um ihr Blut zu kosten. Der Priester, arg geschwächt von dem magischen Kampf gegen die Barriere zuvor, schafft es, einen letzten Heilzauber auf Elara zu bewirken, bevor er zusammenbricht. Nur so ist es ihr möglich, wie ein Fels gegen die anbrandende zottelige, lefzenschlagende, krallenbewehrte Flut zu stehen, obwohl ihr so neuer Streitflegel mit Pech überzogen worden zu sein scheint. Die Reiter sind nun ebenso aus dem Gras heraus, aber von der anderen Seite, und sprengen den Bestien entgegen. Ihr Speere glitzern blutrot im Licht der Fackeln, ihre blanken, leichten Schupenrüstungen glitzern im schnellen Trab der Pferde auf und ab, während die Hufe der acht Pferde mächtig über das nun kurze Gras donnern. Thouby flankiert geschickt einen Wolf. Aber Dagh, mit zwei Schwertern bewaffnet, gelingt es im ersten Streich den ersten, seinen Widersacher, zu erschlagen und im zweiten schlitzt er der Leibwache des Anführers fast die gesamten Brust auf. Da ersticht Thouby den zweiten. Da schiessen die Bestien! Egal, wer getroffen wird, ein Hagel aus Pfeilen rauscht flirrend aus der schwarzen Nacht auf die Gruppe herab. Aber wie durch ein Wunder wird nur Thouby leicht getroffen. Wimbell schleudert einen weiteren Kiesel und trifft den Chef der Grimnar im Auge, dass dieser einen Satz in die Höhe macht. Schon haben die Reiter die aufgereihten Bestien erreicht und rammen frontal in deren Formation hinein. Stahl trifft auf Knochen. Speerschäfte knacken, bersten und brechen. Reiter werden aus ihren Sätteln gehebelt und Bestien von der Wucht des Aufpralls umgeworfen. Die rettende Reiterschar zieht ihre Schwerter und drischt auf die verbleibenden Bestien ein. Doch die Abenteurer haben kaum ein Auge für diesen Kampf. Der Halbling durch sein geschicktes Schleichen und die hinterhältigen, wohl platzierten Angriffe wie auch der Waldläufer durch rohe Kraft und doppelten Schlag entscheiden schnell den weiteren Kampf. Schon fällt die Leibgarde des Chefs zu Boden, der eben noch Dagh flankiert und tief gebissen hatte, aber von ihm weggeschleudert wurde. Da wird der Anführer selbst unter den wilden Schlägen der Klerikerin niedergemäht, dass Schrecken in die beiden restlichen Wölfe fährt. Plötzlich erinnern sie sich wieder der Rhomben. Doch die Leibgarde hat gegen Daghs Schlage keine Chance und als sich der erste Wolf an Elara vorbei schleichen will, fährt ihr Flegel auf sein Rückgrat hinab und zerschmettert es.

Die fuenf toten Hoellenhunde liegen um ihren Kreis verstreut, wie zerlumpte, blutende Felle. Der Boden ist zertreten und glitschtig. Elara stuerzt auf Mori zu, der immer noch bewusstlos darnieder liegt. Mit etwas Wasser und guter Zusprache bringt sie ihn zu Bewusstsein. Er kann kaum sprechen und dennoch keucht er unter groesster Anstrengung: "Kaladrils Rache, schnell Herr Thouby!" Da eilt der Halbling herbei, um die Anweisungen zu verstehen. Zuerst muss die grosse Steinplatte angehoben und zur Seite gedreht werden, um den Schacht darunter freizulegen. Kundig nimmt man einen der Kerzenstaender als Hebel und schafft es, sie einen Fingerbreit anzuheben. Da fluestert Mori: "Lasst Euch von Enloas helfen!" Enloas? Erst jetzt wird die Gruppe der Reiter gewahr! Fuenf stehen noch, zwei sind verwundet, einer liegt tot am Boden. Die letzte der Bestien ist umringt und stirbt unter den wuetenden Schlaegen der Soldaten. "Enloas!" ruft Elara quer ueber den Tempelplatz und dieser eilt sogleich herbei und versucht, die Lage zu begreifen. Elara weiht ihn in kurzen Worten ein, dass der Tempel vernichtet werden muss, die Steinplatte zur Seite gehoben. Enloas kennt Kaladrils Rache im Gegensatz zum Halbling wirklich. Er ruft die fuenf Maenner herbei. Diese rammen ihre Speerspitzen in die Ritze zwischen Steinplatte und Schachtwand und stemmen sie gemeinsam hoch. wenige Augenblicke spaeter aechzt und kratzt muehsam Stein auf Stein und die gewaltige Platte, die die Gruppe alleine unmoeglich haette bewegen koennen, gibt den Weg frei und faellt am Rand polternd zu Boden. Darunter tut sich eine schwarze, grosse Oeffnung auf, die zwei, drei Meter tief in den Erdboden eindringt und dann in einem Tunnel auf den Altar zu verschwindet.

Mori wird unruhig. "Schnell! Beeilt Euch!" Warum? "Er muss vernichtet sein, ehe die Sonne aufgeht." Ueber den Kampf mit den Woelfen hat sich der Morgen sanft an die Gruppe herangeschlichen. Just lauert die Sonne hinter den fernen Landen im Osten, aber jede Minute moegen sich ihre ersten Strahlen langsam ueber den noch schwarzen Himmel herantasten. Der Halbling muss die beiden Rhomben und eine Fackel in den Tunnel tragen, so tief er es vermag, die Bindfaeden dort anzuenden und dann rennen, so schnell er kann. Die anderen sollen sich in Sicherheit bringen. Elara und Dagh bleiben am Schachtausgang mit einem Seil bereit stehen. Sie zittern vor Anspannung. Inbesondere der Klerikerin ringen die keuchende Worte des Priesters wie ein letztes Gebot in den Ohren: "Beeeeilt Euch!" Thouby hat sich trickreich die beiden Rhombem an einem Seil zusammengebunden ueber die Schulter geworfen, eine Pfeife angesteckt, haelt Fackel in der einen und Dolch in der anderen Hand und springt gekonnt den Schacht hinab.

Ein kalter Luftzug weht ihm entgegen, dann wird es heiss. Stille Schreie und fremde Laute treten aus der mittschwarzen Oeffnung. Dann hoert er einen Namen im gequaelten, langen Schrei, dem schliesslich die Luft ausgeht: "Tanreeeeehhhhh...." Mutig geht er weiter. Der Gang wird von dicken Balken aufrecht gehalten. Als ihn ein neuerlicher, markerschuetternder Schrei zur Umkehr zwingen will, bemerkt er etwas auf dem Boden. An der Wand liegt ein langes Buendel, dass im tanzenden Fackelschein kaum von manchem Gerippe und kahlem Schaedel, wohl einstige Opfergaben, zu unterscheiden war. Er lehnt die Fackeln an die Wand und untersucht es. Es atmet! Es ist fast anderthalb Meter lang, in einen dicken Filzstoff eingeschlagen wie in einen Teppich und mit dickem Seil umwunden und verschnuert. "Wenn das der Junge ist, bringe ich ihn um!" Durchzuckt den umtriebigen Halbling ein entschlossener Gedanke. Es ist Jonas! Mit lautem Seufzen packt er den Stoff und schleift ihn, ohne die Rhomben abzusetzen, den Tunnel entlang bis zur Oeffnung. Das Seil, welches die beiden eigentlich fuer ihn herabbaumeln lassen, kommt in einer Schlaufe um einen Fuss, dann ziehen die beiden, waehrend Thouby zurueck in den Tunnel rennt. Einer der Reiter schultert den Jungen und traegt ihn fort in Sicherheit, dort ao am Ansatz der hohen Wiese auch die restlichen Gestalten warten. Da ist der Halbling bei den Rhomben, hat die Schnur entwirrt und tastet mit dem Ende der Fackel vorsichtig an ihrem schlangen Docht. Spritzend und fauchend fangen sie Feuer! Rasend schnell streben die Funkenpaare der beidebn Schnuere den Tunnel entlang und werfen bleiche, zuckende Schatten an jede Wand. Schon hat der Halbling kehrt gemacht und strebt in heilloser Flucht dem Ausgang entgegen. Ohne auf das Seil zu achten, springt er an zwei hervorstehenden Steinen hinauf und schliesslich mit einem fuer seine Groesse gewaltigen Satz ueber den Rand der Oeffnung. Kaum dass die beiden verdutzten Freunde ihm folgen koennen, jagt er ueber den glitschigen, geschleiften Boden, ueber das struppige, braune Gras und hechtet ins Gruen. Just in diesem Augenblick erbebt die Erde wie von Gottesfaeusten ergriffen! Ein gewaltiger Blitz faehrt mitten aus dem Altar und faucht gen Himmel, trifft auf die schwarzen Wolken und verjagt sie. Dann folgt ein ohrenbetaeubender Knall. Dreck, Steine, Knochen und Klumpen Gras fliegen in hohem Bogen durch die Luft und prasseln hier und da ins hohe Gras hernieder. Da kehrt Stille ein.

Mitten, wo einst der Tempel stand, hat sich ein tiefer Krater gebildet. Nichts ist mehr von den Mauer- und Saeulenresten zu erkennen, alles ist unter frischer Erde verschuettet und zuvor von einer unglaublichen Kraft zerrissen, zerborsten und zerfetzt worden. Aber in der Mitte des Kraters ist eine kleine Oeffnung geblieben. Etwas regt sich dort. Als wenn die Schwaden der Explosion sich neuerlich sammeln wuerden, formt sich dort ein schwarzer Dunst, wirbelt schneller und schneller, schneller und schneller, teilt sich in drei Wirbel und sprengt sogleich auseinander. Einer nach Norden. Einer nach Sueden. Einer nach Westen.

Sanft strahlt zaertlich rot der Morgen am oestlichen Himmel, einzig verschont. Zum ersten Mal geht die Sonne auf ueber Shabranka. Der einste Regen liegt nur noch wie frischer Morgentau auf den hohen Graesern und spielt vergnuegt um die Beine und Arme der Abenteurer, als sich die Gruppe langsam ins Dorf aufmacht.
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